Feuerwehr Urbach testet: Neues Schutzsystem gegen Hochwasser
Quelle: Bericht von ZVW vom 03.05.2025 / Autor: Martina Glücks, Bilder: Sofiia Shahaievska

Bild: Sofiia Shahaievska
Urbach. Die Blicke sind skeptisch. Kann ein mit Wasser gefüllter Plastikschlauch – unten an einem Gefälle auf unebenem Boden platziert – wirklich Wasser zurückhalten? Und ist damit als schnelle Schutzvorrichtung bei einem drohenden Hochwasser geeignet? Jan Dressler von der Firma Öko-Tec stellt an diesem Nachmittag in Urbach einen Doppelkammerschlauch vor. Die Gemeindeverwaltung ist gemeinsam mit der Feuerwehr auf der Suche nach einer Alternative zu den klassischen Sandsäcken und zeigt Interesse an dem System der Firma aus dem Main-Kinzig-Kreis.

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Denn das Hochwasser- und Starkregenereignis vom 3. Juni 2024 hatte auch die Gemeinde Urbach stark getroffen. Entlang des Urbach standen zahlreiche Häuser unter Wasser, der Schaden ging in die Millionen. Im Akkord waren damals Sandsäcke befüllt und an die neuralgischen Stellen gebracht, beziehungsweise auch an Bürger ausgegeben worden. Bald beginnt nun wieder die Starkregensaison, die Gemeinde will dafür nun besser vorbereitet sein.
Drei Personen können in kurzer Zeit 300 Meter schützen
Die Firma Öko-Tec, so erklärt Jan Dressler vor seiner Präsentation, beschäftigt sich nun schon seit 36 Jahren mit mobilem Hochwasserschutz. „Mit dem Doppelkammerschlauch können wir in relativ kurzer Zeit lange Strecken vor Hochwasser schützen.“ Um das System vor Ort zu installieren, würden jeweils nur zwei bis drei Personen benötigt werden – „egal, ob ein Garagentor mit fünf Metern geschützt werden soll oder ob wir mit 300 Metern um ein Gebäude herum gehen“.

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Der weiße Schlauch aus PE-Spezialfolie ist auf eine Rolle gewickelt und wird jetzt zum Test vor der Einfahrt zum Urbacher Feuerwehrgerätehaus ausgelegt. An einem Ende wird eine Klammer angebracht, am anderen Ende eine Kupplung, dort wird der Schlauch mit Wasser befüllt. Zuerst die kleine Kammer, die zum Stabilisieren benötigt wird, anschließend die Große. Bis zu einer Höhe von 35 Zentimetern kann die Barriere später Wasser zurückhalten, im Angebot ist auch noch ein Schlauch mit 55 Zentimetern Höhe. „Und wenn es sein muss, passen auch noch ein paar Zentimeter mehr rein“, sagt Dressler.
System lässt Wasser durch – ein weißes Pulver dichtet ab
Nachdem die Barriere gut gefüllt ist, muss nur noch Hochwasser simuliert werden, Wasser Marsch. Hält das System, was Dressler versprochen hat? Im ersten Moment sieht es so aus, aber schnell zeigen sich viele kleine Rinnsale – die Spalten im unebenen Bodenbelag sind zu groß, das Wasser bahnt sich seinen Weg unter dem Doppelkammerschlauch hindurch. Während die Zuschauer – Mitarbeiter des Bauhofs, Feuerwehrleute, Bürgermeisterin Martina Fehrlen und Vertreter des Gemeinderats – schon etwas unruhig werden, bleibt der Mitarbeiter der Firma Öko-Tec entspannt. Als alles Wasser abgelaufen ist, läuft er mit einem Eimer am Schlauch entlang und streut etwas weißes Pulver entlang der Barriere. Und wieder heißt es „Wasser Marsch“.
Die große Überraschung, dieses Mal dringt nichts mehr durch. Beim Kontakt mit Wasser quillt das Pulver auf, wird geleeförmig und dichtet alle Ritzen ab – die Barriere gegen das Hochwasser hält. Aber ein weiterer Härtetest steht noch an. Angeblich lässt sich der Schlauch mit einem Feuerwehrauto überfahren – bei herkömmlichen Hochwasserbarrieren ist das ja nicht möglich. Das große Löschfahrzeug rollt vorsichtig los, die Vorderräder überwinden die wassergefüllte Barriere problemlos, lediglich etwas Wasser läuft heraus. Als die Hinterräder über den Schlauch rollen, passiert es aber: Zwei Schrauben an einem Aufbau reißen ein Loch in die Folie, Wasser sprudelt heraus. Ein Mitarbeiter des Bauhofs begutachtet den Schaden: „Es reißt nicht weiter auf, das Loch könnte man im Notfall auch abdichten.“
Vor Ort in der Urbacher Mitte – lassen sich die Schläuche hier verlegen?
Das System hat überzeugt – aber ist es auch für die speziellen Begebenheiten in Urbach geeignet? Dafür fahren Feuerwehrkommandant Michael Hurlebaus und Felix Weißert vom Ortsbauamt mit Jan Dressler zur Urbacher Mitte. Dort, wo der Urbach verdolt ist, wird es im Falle eines Hochwassers kritisch. An der Verdolung kann sich der Urbach stauen, auch der Quelltopf ist nur auf ein 20-jähriges Hochwasser ausgelegt. Am Ende der Verdolung, in der Bachstraße, „schießt dann das Wasser heraus“, erklärt Felix Weißert.

Bild: Martina Glücks
Die drei laufen den Weg ab, am Löwen vorbei, in die Bachstraße – im Ernstfall müsste die mobile Barriere über die ganze Strecke gelegt werden, „sonst saufen die Anwohner hier ab“, sagt Hurlebaus. Laut Jan Dressler ist das kein Problem. Die Schläuche sind immer 300 Meter lang – einer ersetzt damit über 20.000 Sandsäcke – und könnten überlappend innerhalb kurzer Zeit ausgelegt werden. Und zwar schneller und mit deutlich weniger Helfern, als bei Sandsäcken. Ob die Gemeinde das System – bei Kosten von etwa zehn Euro pro Meter – anschafft, muss jetzt der Gemeinderat entscheiden.